Am vergangenen Mittwoch empfang die Viet Tu Ve Abteilung die stets motivierten Teilnehmer zur „Halbzeit“ des Selbstverteidigungskurses in der Humboldtschule Plankstadt. „Ich habe meiner Familie schon voller Begeisterung von dem Kurs berichtet und bin gespannt was mich heute wieder erwartet“, so der Kommentar einer Teilnehmerin. Konnte sie doch bereits schon bei den letzten Terminen Ihr Können und ihre Kraft an den Pratzen, in diversen Situationen und an Gegnern austesten und unter Beweis stellen.

Die Erwartungen und die Motivation waren groß.

Wie üblich sorgte ein Auflockerungsspiel für beste Stimmung und weckte auch beim letzten die Aufmerksamkeit für den bevorstehenden Abend.

Mit den Worten „STOP! Keinen Schritt weiter!“ ließ Trainer Roth die Halle beben und leitete die nächste Übung ein. Den Täter abschrecken und die Hemmungen verlieren klar und deutlich seine Abwehrhaltung zu vermitteln, sollten die Teilnehmer an einer der Station trainieren. Oftmals braucht es viel Überwindung diese einfachen Worte zur Abschreckung lauthals rauszuschreien, doch nur auf diese Weise kann man den Täter aus der Fassung bringen. Durch die Körperhaltung, das entschlossene Auftreten muss einem Täter klar werden, dass mein kein leichtes Opfer ist, das man sich behaupten kann und sich auch tatsächlich mit allen Mitteln zur Wehr setzen wird. Bei anderen Übungen wurden die Teilnehmer erneut mit unterschiedlichen Angriffen konfrontiert. Es galt die empfindlichen Körperstellen zu attackieren um sich aus der brisanten Lage zu befreien. Um der Realität möglichst nahe zu kommen, gaben die Mitglieder des Vereins die größte Mühe und stellten robuste und gefährliche Angreifer dar, sodass es den Teilnehmer nur mit richtigem Körpereinsatz möglich war, diese abzuwehren.

Tätererwartung vs. Opferhaltung

Im theoretischen Teil des Kurses wurde an diesem Tag Tätererwartung bzw. –haltung und die Opferhaltung analysiert. Kurzerhand sollten sich die Anwesenden selbst fragen, nach welchen Kriterien sie selbst als Täter ein Opfer auswählen würden. Nach kurzem Überlegen steht es für die Anwesenden ohne Zweifel fest, dass man als Täter nur ein Opfer aussuchen würde, dass einen „schwachen“ Eindruck vermittelt, sei es durch die Körperhaltung oder dadurch, dass es idealerweise durch telefonieren oder Musik abgelenkt ist und seine Außenwelt nicht wahrnimmt. Der Überraschungsmoment wäre also auf Seiten des Täters. Die Chance den Überfall oder Angriff von Sicht des Täters erfolgreich zu Ende zu bringen stünden dann nicht schlecht. Die Opferhaltung ist der entscheidende Aspekt für einen Täter. Er wird sich kaum jemanden aussuchen, der selbstbewusst und aufmerksam die Straße entlangläuft und nur schwer zu besiegen wäre. Denn eine Herausforderung wird ein Täter kaum suchen.

Was unternehmen im Ernstfall?

Nun waren die Teilnehmer an der Reihe. „Was macht ihr, wie reagiert ihr wenn ihr tatsächlich heute auf dem Nachhauseweg verfolgt werdet?!“ interessiert es Trainer Roth.

„Umdrehen!“, „Informationen von seiner Umgebung sammeln, mögliche Fluchtmöglichkeiten ausloten“, „Dunkle Gassen meiden, sich für den längeren aber vielleicht helleren Nachhauseweg entscheiden!“ „Schneller laufen, Straßenseite wechseln, um zu prüfen wir der Verfolger reagiert, notfalls nicht lange zögern und flüchten!“ antworteten die Teilnehmer, die durch den Kurs bereits jetzt schon für das Verhalten in Gefahrensituationen sensibilisiert wurden. Möglichkeiten waren zahlreich: Sich in einen Hauseingang flüchten, im Ernstfall auch keine Hemmungen haben zu Klingeln, in ein Taxi, Bus, oder Straßenbahn flüchten, die Fahrer sind in der Lage Hilfe zu rufen, Leute die in der Nähe sind auf die Situation aufmerksam machen und um Hilfe bitten, Schreien, in der Tasche nach möglichen Verteidigungswaffen wie z.B. Schlüssel, Buch, Kugelschreiber, Schirm, suchen, falls keine vorhanden, die unmittelbare Umgebung nach solchen absuchen, wie Stöcke o.ä. und schon griffbereit halten.

Es ist jedem selbst überlassen, ob und auf welche Weise er oder sie sich zur Wehr setzt. Sollten die aufgezählten Möglichkeiten ausgeschöpft sein muss in letzter Konsequenz für sich selbst eingestanden werden. Sich vom Gegner zu distanzieren. Klar und deutlich z.B.: „Stopp“ entgegen zu schreien. Dabei die entsprechende Körperhaltung einnehmen. Gestik und Mimik müssen dazu passend sein, damit das geschriene Wort „Stopp“ seine Glaubwürdigkeit erhält. Sollte alles nichts bringen, dann bleibt als Letztes noch übrig, sich mit allen Mitteln gegen den Angreifer zu wehren. Es ist keine Situation ausweglos!

Chantal, eine junge Frau nachts auf dem Weg nach Hause…

Zum Abschluss stellen die bereits routinierten Mitglieder einen letzten Beispielsfall dar. Eine junge Frau ist im Bus auf dem Weg nach Hause. Sie wird von einem Fremden angesprochen, fühlt sich dabei offensichtlich unwohl, bleibt aber höflich. Schließlich setzt der Fremde sich neben sie. Auch hier fühlt sie sich unwohl. Als der Fremde sie offensichtlich bedrängt, weist sie ihn zurück und will ihn auf Abstand halten. Als sie den Bus verlässt, folgt er ihr dennoch und wird immer zudringlicher. Sie gibt ihm klar und deutlich zu verstehen dass sie nicht interessiert sei, doch der Angreifer lässt sich nicht abwimmeln. Sie bekommt unverhofft Hilfe. Junge Männer aus einem nahegelegenen Wohnblock wurden auf die Schreie aufmerksam und verjagten den Angreifer.

An diesem Beispiel wurde das Verhalten der jungen Frau analysiert. Wie hat sie sich Verhalten? Was war gut? Was hätte sie schon im Vorfeld besser machen können? Wie hätte sie in der Situation besser handeln können? Anhand solcher Beispiele, die von den Mitgliedern des Vereins hervorragend vorgeführt wurden, fanden immer wieder sehr interessante und intensive Diskussionen statt. Der dritte Tag ging mit dem Ausblick für die kommende Woche zu Ende. Die Teilnehmer hatten wie immer viel Spaß und verließen die Halle mit Vorfreude auf die noch bevorstehenden Kursinhalte.