Mit Schwung auf die Zielgerade

Der 4. Tag des Selbstverteidigungskurses begann wie gewohnt mit einem lockeren Aufwärmspiel. Um anschließend auch den letzten Teilnehmer aus der Reserve zu locken, ging es mit einer Übung weiter, bei der die Teilnehmer auf Kommando lauthals losschreien sollten, denn nicht Wenige kostet es Überwindung, in der Öffentlichkeit in einer Notsituationen laut loszuschreien.

Wie in der vergangenen Wochen auch, versuchte Trainer Roth den Kurstag abwechselungsreich zu gestalten und konfrontiert die Übenden mit verschiedenen Situationen. Bei der ersten Übung sollten die Teilnehmer zunächst auf ihre innere Stimme hören und bestimmen, wie weit fremde Personen sich ihnen nähern können, bis sie anfangen sich unwohl zu fühlen. Dabei saß jeweils eine Person auf dem Boden, während die anderen einen Kreis darum bildeten. Der Kreis wurde immer kleiner. Sobald sich die Person in der Mitte unwohl fühlte sollte sie aufstehen. Das war in der Regel bei einem Abstand von circa einer Armlänge der Fall. Diesen Bereich bezeichnet man als die „Intimzone“ eines Menschen. Innerhalb dieser Zone sollten keine Fremden sondern nur Familie und Freunde zugelassen werden. Auf diese Übungen aufbauend sollten die Teilnehmer an der ersten Station durch entsprechendes Auftreten und einer lauten und bestimmten Stimme einen Fremden auf Distanz halten. Ziel war es den zuvor erwähnten Abstand von mindestens einer Armlänge nicht zu unterschreiten.

An der nächsten Station wurde eine Situation simuliert, bei der das vermeintliche Opfer unvorhergesehen auf den Boden fällt. Es kann durchaus vorkommen, dass beim Versuch sich zu wehren so etwas passieren kann, so Roth. Aber auch dann sollte man wissen, wie man sich auch auf dem Boden liegend vom Angreifer abgrenzen und ihn daran hindern kann näher zu kommen. Um die Übung interessanter zu gestallten, übten die Kursteilnehmer fleißig verschiedene Schläge auf Pratzen, bis der Trainingspartner einen Treffer zum Kopf andeutete. Dies war das Signal für die Übenden runter auf den Boden zu gehen. Von dort aus mussten sie sich vom Aggressor abzugrenzen und ihn auf Distanz halten, bis sich eine günstige Gelegenheit ergab wieder aufzurichten.

An der letzten Station übten die Teilnehmer ebenfalls an den Pratzen. Diesmal wurden sie aber von einem „Unbekannten“ überraschend von der Seite gestoßen und daraufhin mit der Faust angegriffen. Diese Situation sollten sie mit Hilfe einfacher Verteidigungstechniken meistern und anschließend die Flucht ergreifen.

Selbstbewusstsein und warum es wichtig ist im Ernstfall!?!

Für eine kurze Verschnaufpause sorge der Theorieteil, der diese Woche unter anderem das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein behandelte. Es ist unheimlich wichtig an sich selbst zu glauben. Der feste Glaube und die Zuversicht daran, eine heikle Situation meistern zu können sind unabdingbar. Ohne Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist jede Unternehmung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es fehlt dem Opfer schlichtweg an Mut, etwas anzupacken. Für jede Maßnahme, für jede Entscheidung, braucht es Zutrauen und den festen Glauben an das Ziel. Ohne Selbstvertrauen wird man wenig wagen und vorhandene Potenziale nicht voll ausschöpfen können. Selbstbewusste Menschen, Menschen die an sich glauben, sind davon überzeugt, dass ihre Fähigkeiten ausreichen, um ein positives Ergebnis zu erlangen, dementsprechend packen sie auch eine Sache an. Sie glauben, dass ihr Verhalten wirksam ist im Sinne der Problemlösung, so Roth.

Hilfe holen, Zivilcourage zeigen…

Wie hole ich mir in Notsituationen Hilfe? Wie mache ich auf mich aufmerksam? waren die Grundgedanken im weiteren Theorieteil. Nicht nur aus Sicht des Opfers, sondern auch aus Sicht des aufmerksamen Passanten. Zivilcourage wurde hierbei groß geschrieben. Wie kann ich anderen helfen, ohne mich oder andere der Gefahr auszusetzen?

Zu diesem Thema, haben die Mitglieder des Vereins erneut einen Fall nachgespielt. Dabei ging es um eine Rentnerin, die vom heimischen Garten aus beobachtete wie ihr Sohn, der bei der Post auf der gegenüberliegenden Seite arbeitete, ausgeraubt wurde. Ohne nachzudenken nahm sie einen Besen in die Hand, stürmte in das Postamt und schlug mit dem Besen auf die beiden Räuber ein. Die Räuber flüchteten daraufhin. Der Fall ging glimpflich aus. Erst im Nachhinein wurde der Frau bewusst, in welche Gefahr sie sich und Andere begeben hat. Anhand dieses Beispiels, aber auch anderer aus den Medien bekannter Beispiele wurde über das Thema Zivilcourage gesprochen. Im Vordergrund stand, wie kann ich Hilfe leisten, ohne mich selber der Gefahr auszusetzen. Eine praktische Übung, half den Teilnehmern sich in diese Situation zu versetzen. Mittels eines Parcours sollten 3 Situationen gemeistert werden

Station 1 des Parcours stellte eine fast alltägliche Situation dar, in der man auf der Straße von jemandem um Geld gebeten wird. Allerdings ging der jenige etwas ruppiger auf den Übenden zu. Man wurde bedrängt, angefasst und am weitergehen gehindert.

Bei Station 2 wurden die Teilnehmer Zeuge eines Angriffs. Mehrere Leute griffen einen Passanten an. Man sollte Zivilcourage zeigen und dem Passanten helfen ohne sich selbst, oder auch andere in Gefahr zu bringen. Ziel war es die Polizei anzurufen, umstehende Personen auf die Situation aufmerksam zu machen und sie zum Helfen zu animieren.

Bei der letzten Station sollten die Teilnehmer sich selbst helfen. Ein grimmig wirkender Mann ging direkt auf einen zu. Es war nicht zu übersehen, dass er nur auf Ärger aus war. Diesmal sollte man auf seine eigene Situation verweisen, Kontakt zu Passanten, die in der Nähe waren suchen und sie direkt ansprechen und um Hilfe bitten.

Zum Schluss noch mal Action

Zum Ausklang des Abends bekamen die Teilnehmer nochmals die Gelegenheit, sich gegen verschiedene Zugriffe zu verteidigen. Anders als in den Trainingstagen zuvor, zog sich dieses Mal ein Mitglied des Vereins, einen speziellen Schutzanzug an. Durch ihn war der Angreifer komplett geschützt, und die Verteidiger brauchten keine Angst haben ihn zu verletzten. Dadurch konnte mit voller Kraft vorgegangen werden. Die Übung wurde realistischer und man bekam ein besseres Gefühl dafür, welche Kraft und Entschlossenheit im Ernstfall nötig ist um jemanden tatsächlich in die Flucht schlagen zu können.